10 Jahre Flößerstraße am Tag der Flüsse 2019

Vizebürgermeister Schnaller: "Weiterhin viel Erfolg und gutes Gelingen"

29. September 2019

Kurzweilige Feier zum 10. Geburtstag des Vereins Flößerstraße

In großer Runde feierte unser Verein einen Abend lang seinen 10. Geburtstag im Wirtshaus Flößerei am "Internationalen Tag des Flusses"(Sonntag, 29. September). Unsere Vorsitzende Gabriele Rüth begrüßte die geladenen Gäste und stellte bei der Gelegenheit auch Peter Fischer vor, der seit heuer unser neuer Vizevorsitzender ist. Grußworte sprachen Vizebürgermeister Fritz Schnaller und Martin Spreng, Vorsitzender der Deutschen Flößereivereinigung. Für die Festrede konnten wir Dr. Michael Stephan, Leiter Stadtarchiv München und Vorsitzender des Historischen Vereins Oberbayern, gewinnen. Er sprach zum Thema "Auf Spurensuche zur Flößerei im Stadtarchiv München."

Fritz Schnaller lobte unser großes Engagement in den vergangenen zehn Jahren und wünschte "weiterhin viel Erfolg und gutes Gelingen für Eure Vorhaben". Herzlich gratulierte auch Martin Spreng, der extra für das Jubiläumsfest mit seiner Frau die weite Strecke aus Altensteig im Nordschwarzwald auf sich genommen hatte. Er hatte einen Beutel mit Geschenken mitgebracht: einmal zwei Wieden, wie sie im Schwarzwald gefertigt werden, dann einen Ohrring, an dem ein putzig-kleines Floß hing und sogar ein Geschenk für Dr. Stephan war dabei: Er überreichte dem Leiter des Stadtarchivs das Fachwörterbuch der Flößerei von der Deutschen Flößereivereinigung verfasst unter anderem von Hans-Walter Keweloh, Hans Harter, Eberhard Seelig und Martin Spreng (ISBN: 978-3-945941-28-7).

Eindrücke von unserer 10-Jahres-Feier (Foto oben v.li.): Die Festgäste: unter anderem (v.li.) Dr. Michael Stephan, Stadtarchiv München, Stadtrat Peter Plößl, Bürgermeister Michael Müller, Geretsried, Kulturreferent Alfred Fraas, Werbekreischefin Ingrid Schnaller, Vizebürgermeister Fritz Schnaller; beim Grußwort: Martin Spreng, Vorsitzender Deutsche Flößereivereinigung und Flößerstraße-Vorsitzende Gabriele Rüth; unten v.li: die Flößernachfahren Willi Dinzinger, Fritz Goldhofer, Gabi Amesberger sowie Vereinsvize Peter Fischer; er interviewte auch Anna Schmid.

Dr. Michael Stephans Festrede, die er mit reichlich historischem Bildmaterial ergänzt hatte, war ebenso informativ wie unterhaltsam. "Die Geschichte der Flößerei auf der Isar bis hin zu den heutigen Vergnügungsfloßfahrten hat natürlich eine Menge an Archivalien im Stadtarchiv München hinterlassen", so Stephan. Er betonte, "die Geschichte der Flößerei auf der Isar ist untrennbar mit der Geschichte der Stadt München verbunden. Die Flößerei mit der Isar als Verkehrsstraße war für Jahrhunderte der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Stadt: Holz, Tiere, Wein, Bier (aus Tölz), Häute, Baumaterial und andere Güter wurden auf Flößen aus dem Oberland herabgeschifft und über die Münchner Lände auf den Markt gebracht. München beanspruchte mit der 1310 erlassenen Flößerordnung das Stapelrecht, das heißt, alle ankommenden Floßwaren mussten drei Tage lang hier zum Verkauf angeboten werden. Zudem verfügten die Münchner Flößer über das Monopol, alle Waren ab München isarabwärts zu befördern."
Floßfahrten mit Personen, aber vor allem mit hochgestellten Persönlichkeiten sind in den archivalischen Quellen der Stadt München bereits für das 15. Jahrhundert öfters bezeugt (ausgewertet für die dreibändige Chronik der Stadt München 1158 bis 1818 von Helmuth Stahleder). So berichtete Dr. Stephan: "Im November 1493 ist von dort Herzog Albrecht IV. zur Beerdigung seines Schwiegervaters Kaiser Friedrich III. auf der Isar nach Wien gefahren. 1530 fuhr das Münchner Truppenkontingent im Krieg gegen die Türken (303 Knechte unter Führung von Hans Ridler als Hauptmann) mit dem Floß nach Wien. 1633, also im Dreißigjährigen Krieg, wurden 30 schwedische Gefangene mit dem Floß von München nach Landshut verbracht. Beim Aufstand der Bauern aus dem Oberland gegen die österreichische Besetzung des Kurfürstentum Bayerns 1705 ("Sendlinger Mordweihnacht") fuhren die Aufständischen zunächst mit dem Floß bis zum Kloster Schäftlarn und erstürmten dann die Isarbrücke beim Roten Tor."
1862 wird die Wolfratshauser Johannifloß-Prozession erwähnt.

Über Wolfratshausen zitierte der Münchner Stadtarchivar aus dem Physikatsbericht des Landarztes Dr. Matthias Heilmair für das Landgericht Wolfratshausen aus dem Jahr 1862: "Im Markte Wolfratshausen sind 1/3 der Bewohner Flößer, welche jährlich gegen 3.000 Flöße auf der Loisach fortführen. ( ). Auf diesen Flößen wird verführt Holz, Torf, Gips gemahlen in Fäßchen und Gips-Steine." Zu den örtlichen Festen ist zu lesen: "Vorabend 16. Mai: Fest des hl. Johannes Nepomuk, Brückenheiliger: Fahrt des heiligen Johannes von Prag. Auf der Loisach, auf einem Floße ist die Natur dekoriert, Fackelschein, Böllerschießen, griechisches Feuer. Fürbitte der Flößer zur Abwendung von Wassergefahr. Montag nach Dreikönig (Flößerjahrtag): Umzug der Flößer an ihrem Jahrtage durch den Markt, in alterthümlicher Tracht, auf einem Floß mit 4 Pferden gezogen. Auf dem Floß ist eine Hütte, ein Herd, auf dem gekocht wird."

Der Leiter des Stadtarchivs München wies darauf hin, dass es auf der Homepage https://stadtarchiv.muenchen.de die Möglichkeit der Online-Recherche im Stadtarchiv gebe. So auch zur Flößerei, denn viele Bestände im Stadtarchiv München spiegeln die wirtschaftliche Bedeutung der Flößerei wieder. Stephan schloss: "Von den vielen für München und die Isar historisch belegten Waren- und Personentransporte auf Flößen, denen noch viele weitere Beispiele angefügt werden könnten, sind heute nur noch touristisch betriebenen Passagierfloßfahrten geblieben. Es ist umso wichtiger, dass ein ehrenamtlich geführter Verein wie seit 2009 der Verein Flößerstraße in Wolfratshausen dieses kulturelle Erbe in all ihren kulturellen und kulturgeschichtlichen Zusammenhängen und Wandlungen bewahrt und zeitgemäß vermittelt."

Foto oben v.li.: Bild aus dem Tara-Film: Fikret Pendek als Flößer in Aktion; Dr. Michael Stephan erhält für seinen Vortrag eine „Männerhandtasche“; das neue VIP-Mitglied Christian Steeb erhält von Gabriele Rüth, Sabrina Schwenger und Hermann Paetzmann (Flößerstraße) eine Vereinsweste; Stadtarchivar Simon Kalleder (Mitte) erhält ein Zunftfloß als Leihgabe fürs Archiv.

Einer der Höhepunkte waren die Erzählungen des Tara-Flößer Fikret Pendek, der extra von Bosnien-Herzegowina zum Fest gekommen war. Zur Einstimmung wurde ein GEO-Filmtrailer über ihn gezeigt, der den Flößer Fikret Pendek gut beschreibt: Die Tara-Schlucht im Norden Montenegros ist 1.300 Meter tief und 86 Kilometer lang und damit der tiefste Canyon Europas. Viele Stellen können nur mit dem Floß durchfahren werden. Fikret Pendek ist einer der wenigen Flößer, er transportiert Waren, Baumaterialen, Tiere und Menschen durch die Schlucht. Anschaulich und authentisch schilderte Fikret Pendek auf dem Fest, interviewt von Peter Fischer, von seiner Arbeit, die auch touristische Floßfahrten beinhaltet (PENDEK TOURS, Kontakt E-Mail: fikret_pendek@hotmail.com, www.splavarenje.ba).

Außerdem hatten wir als Zeitzeugen Nachfahren von Wolfratshauser Flößern eingeladen, die einige Erinnerungen erzählten: Anna Schmid aus Geretsried (Tochter der Lenggrieser Flößerin Anna Simon), ferner Gabi Amesberger (Nachfahrin der Kopfsgutter-Flößer), Willi Dinzinger (Michael Plonner, 1860-1940, war sein Urgroßonkel), und Fritz Goldhofer (Sebastian Goldhofer, genannt "Flößerkönig von Weidach", 1847-1941, war sein Urgroßonkel).
Zu Beginn und am Ende wurden faszinierenden Clips der Wolfratshauser Künstlerin Antje Bultmann zum Thema "Fluss-Welten" gezeigt , die Präsentation ihrer Arbeiten war ein weiterer Beitrag des Vereins zum "Internationalen Tag der Flüsse", der ja an diesem Tag war. Günther Zintl umrahmte zwischen den einzelnen Programmpunkten musikalisch das Fest mit dem Akkordeon.
Freudig überrascht wurde der Heimatforscher Christian Steeb, weil er an dem Abend für seine Forschungen zur Flößerei von uns zum VIP-Mitglied ausgezeichnet wurde. Auch Stadtarchivar Simon Kalleder konnte sich freuen: Ihm überreichten wir zum Dank für die Zurverfügungstellung des Raumes für die Ausstellung "gerade.wild.Alpenflüsse" (noch bis 15. Oktober) ein wertvolles geschnitztes Zunftfloß - solche hingen früher in den Wirtschaften über den Flößer-Stammtischen als Leihgabe. Das Floßmodell hatte zuvor Birgit Müller, Archivarin von Bad Heilbrunn, mit der Maßgabe erhalten, um es uns zu geben. Wir hatten es daraufhin restaurieren lassen.


Buchtipp Loisach


Der Flößerteddy Bär in


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