Vortrag über historische Flößerei in der Region und Regulierung der Loisach 04.05.24
4. Mai 2024
Vortrag über historische Flößerei in der Region und Regulierung der Loisach
Unser VIP-Mitglied, der Heimatforscher und Wolfratshauser Kulturpreisträger Christian Steeb referierte kenntnisreich über die historische Flößerei in der Region unter geistlicher und weltlicher Herrschaft sowie die Regulierung der Loisach ab 1927 mit dem Umbau des Floßkanals und Abbruch des Besenbräu-Wehrs. Spannend erzählte unser Christian den Gästen eineinhalb Stunden einiges aus seinem großen Wissensschatz, den er anhand 162 spektakulärer Bilder kundgab. Eingeladen hatte ihn unser Verein in das vollbesetzte Wirtshaus Flößerei, darunter Sascha Weigelt, Vize des Flößer-Kulturvereins München-Thalkirchen und Ludwig Gollwitzer, Vorsitzender des Historischen Vereins Wolfratshausen.
Steeb begann seinen Vortrag mit dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Beiname „Werdenfelser Land“, nach der Region Werdenfels mit der gleichnamigen Burg. Sie gehörte ab 1294 zum Hochstift Freising und blieb bis zur Säkularisation 1803 in geistlichem Besitz. Auch „Goldenes Landl“ wurde das freisingische Gebiet genannt. Denn im Mittelalter und zum Beginn der Neuzeit war Partenkirchen eine wichtige Handelsstation, da der Ort an der alten Handelsstraße von Venedig über Verona nach Augsburg lag. Das heißt, alle Waren, die mit Planwagen hin- und herüber via Brenner kamen, wurden zum Weitertransport auch über Ettal und Oberammergau der Vereinigung bürgerlicher Fuhrleute übergeben, um sie von einer „Niederlage“ (Rottstation) zur anderen zu transportieren. Auch Mittenwald war Rottstation, auch hier wurden die Waren zum Weitertransport in sogenannten Ballenhäusern gelagert.
Das Bistum Freising oder München und Landshut wurden viel über die Wasserrott, eine Spedition auf dem Wasser, versorgt. Die Loisach war ab Garmisch flößbar, die Isar ab Mittenwald. Die Durchfahrt durch den Kochelsee war wegen fehlender Strömung oft schwierig. Hier musste zeitaufwendig und mühsam gerudert werden, der Zeitverlust zur fließschnelleren Isar betrug bis zu drei Stunden - Vorteil für die Isarflößer, trotz der längeren Flussstrecke. Um diesen Mangel auszugleichen, ließ 1716 Kurfürst Max Emanuel, der für seine Münchner Baupläne einen enormen Holzbedarf hatte, den „Triftkanal“ von Großweil aus bis zur Mündung bei Brunnenbach unterhalb des Kochelsees graben. Der Kanal wurde sogar noch 1903 mit Dampfbaggern modernisiert, die alte Schleuse durch ein Betonbauwerk ersetzt, aber 1963, lange nach dem Niedergang der Flößerei abgebrochen. Der Kanal verschlammte und ist heute verbuscht und ähnelt einem Bach.
Wolfratshausen unterstand im Gegensatz zur Werdenfelser Geistlichen Obrigkeit weltlichen Herrschern, erst den Grafen von Wolfratshausen, später den Wittelsbacher Herzögen und Kurfürsten. Die Flößerei blühte hier um 1300 auf. In Wolfratshausen hatten die Werdenfelser Flößer Gebühren zu entrichten. Wiederholt kam es zu Streit wegen des Durchfahrtsentgelts an der Schranke zur Einfahrt in den Wolfratshauser Floßkanal - „Kalte Angst“ wegen ihres gefährlichen, spitzen Winkels genannt. Allerdings waren die Gebühren nötig, wegen Reparaturen am Besenbräu-Wehr nach Hochwassern. Weil die Wolfratshauser Flößer ein Transportmonopol hatten, mussten die Werdenfelser vor allem ihre Holzflöße bei den Länden der Sägmühle (heute Achmühle) an eine Wolfratshauser Mannschaft zum Weitertransport übergeben.
Steebs gezeigte faszinierende Fotosammlung zur Loisachregulierung ab 1927 war Grundlage für seine Ausführungen zu den alljährlichen Hochwassern, die den Markt besonders nach der Schneeschmelze heimsuchten. Um diese zu stoppen, wurde die Loisach in Wolfratshausen mit riesigem Aufwand an schwerem Gerät und Arbeit reguliert, das Besenbräuwehr abgerissen und der Floßkanal zugeschüttet. Sein Vortrag endete mit der Errichtung erst eines neuen Kastenmühlwehrs 1953 und des jetzt bestehendes Kastenmühlwehrs in Weidach ab 1994 mit Floßgasse (heute verlandet).