Wolfratshausen
Kaum ein anderer Erwerbszweig hat das wirtschaftliche Leben im Markt bis heute so geprägt wie die Floßfahrt auf Loisach und Isar: Deshalb erhielt die Stadt von der Internationalen Flößervereinigung auch den Titel "Internationale Flößerstadt" verliehen.
Belegt ist, dass ab dem 12. Jahrhundert Flöße von Wolfratshausen in Richtung München ablegten. Denn als 1157 das Geschlecht derer von Wolfratshausen ausstarb, gehörten zum Vermächtnis des letzten Grafen, Heinrich II., auch eingenommene "Floßpfennige".
Herzog Rudolf I. (*1274; 1319) siegelte im Jahr 1297 eine Urkunde, worin der "Zollner" in Wolfratshausen beauftragt wird, von allen für das Kloster Schäftlarn bestimmten Waren keine Abgaben mehr einzunehmen:" Ebenso zu Wolfratshausen zahlt das Fischwasser, was auch immer er kann. Ebenso zahlt er Wasser-Zoll ".Und da Isar und Loisach nicht schiffbar waren, können es nur Einnahmen aus der Flößerei gewesen sein. Auch im Bayerischen Urbar, den Aufzeichnungen der herzoglichen Besitzstands (1279 1304) für das "Officium Wolfrathusen" ist die Rede von einem Wasserzoll.
Zu Zünften zusammengeschlossen, organisierten diese Flößer den Linienverkehr für Waren und Personen. So auch in Wolfratshausen: Die Wolfratshauser Floßmeister beherrschten die Loisach. Im Jahr 1447 zählte man bereits 1 884 Flöße an der Wolfratshauser Lände, im Jahr 1496 stieg die Zahl auf 3 639, die höchste Zahl war 1864 mit 5 840 Flößen.
Es gründeten sich auch hier Unterstützungsvereine für Kranke und hilfsbedürftige Flößer. Diese Vereinigungen pflegten hielten zudem das Brauchtum und die Traditionen hoch. Der letzte Verein war der 1882 gegründete "Verein der Floßleute", er fusionierte 1948 mit dem Lenggrieser Holzhacker- und Flößerverein.
Was es auf der Loisach alles zu verzollen gab, verrät 1501 der "Summarische Extrakt und beschreybung der Khauf-Handels und Schefleuth im Lands Bayrn": "gebogenes Ebenholz, Papier, Pferdedecken, Käse, Schafwolle, Maultrommeln, Barchent, gestrickte Hemden, Kreide, Schuhe, Kupferwasser, Schmalz, Schleifsteine, Wetzsteine, Hopfenstangen, Seegras, Fische (auch lebend)".
Die Isartalbahn, die im Jahr 1891 zwischen München und Wolfratshausen in Betrieb ging, und die Lastkraftwagen ersetzten auch hier nach und nach das Floß als Warentransportmittel. Die Floßbetriebe suchten und fanden eine neue Einnahmequelle: Um 1903 begannen die Vergnügungsfloßfahrten.
Gefährlich war das Leben der Flößer auch noch Mitte des 19. Jahrhunderts, so erfährt man es aus den Erzählungen von Sebastian Goldhofer (geboren 1847), genannt "Der Flößerkönig von Weidach". 94 Jahre war der Wolfratshauser alt geworden und dabei "haben mir die vielen Flussbäder nicht geschadet". Seit 1865 war er im Sommer bis zu 18 Mal jährlich nach Wien gefahren. Oberhalb Vilshofens mussten dann jeweils sechs Flöße zu einem einzigen zusammengebunden ("gestrickt") werden. Weiter ging es dann mit einem 12 Meter breiten und 57 Meter langen Gefährt, auf dem sich die Flößer sogar eigene Hütten bauten. Genug Lebensmittel und Bier hatten sie für die neuntägige Fahrt immer mit dabei.
Hindernisse auf der Reise gab es viele, wie Schiffe, Brücken und Sandbänke. Aber "Lästig waren oft die vielen Handwerksburschen, die ohne Geld und Pass mitfahren wollten". An der Grenze unterhalb von Passau ließ man die Mitfahrer dann aussteigen. Wenn ein Bursche jedoch ein "ehrliches Gesicht" hatte, zog man ihm eine Flößerjoppe an und er hieß dann bis Wien Jackl oder Toni. Dort musste dann auch das riesige Floß wieder auseinander genommen werden. Bis zu 100 Meter Strick wurde dabei gebraucht.
Am Abend kehrte man in Nussdorf beim Wirtshaus "König von Bayern" ein. Während die Floßmeister mit ihren Waren an den folgenden Tagen lebhaft Handel trieben, brachten die Floßknechte ihre Schmuggelware an den Mann: hinunter Schnupftabak, Zigarren, Juckpulver herauf Wein, Feigenkaffee, Pferdedecken.
Mehr über Wolfratshausen in unserem Buch "Entlang der Isar. Von Scharnitz bis München-Thalkirchen: Ausflüge auf den Spuren der Flößer".